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07.05.2024 | Leadership | Schwerpunkt | Online-Artikel

Was für Führung in Teilzeit spricht

verfasst von: Andrea Amerland

4:30 Min. Lesedauer

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In Unternehmen herrscht Fach- und Führungskräftemangel. Um Management-Positionen besetzen zu können, bietet sich Führung in Teilzeit an. Doch Organisationen nutzen diese Möglichkeit nur zögerlich.

Bis 2050 wird sich in Deutschland die Bevölkerung im Erwerbsalter um 22 bis 29 Prozent verringern, hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Bereits in etwa einem Jahrzehnt wird sich dieser Trend auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Spätestens dann ist die Generation Z, also die zwischen 1997 und 2012 Geborenen, bei Arbeitgebern besonders gefragt und hat gute Karten, über die Konditionen zu verhandeln.

Gen Z will nicht führen

Aber auf Beförderungen ist die Generation Z nicht gerade erpicht. Auf die Frage "Möchtest du Führungsverantwortung übernehmen?", antworten sie eher mit "Nein, danke", belegen mehre Studien. Denn diese Generation scheue die Verantwortung, heißt es in der Zusammenfassung der Analyse "Führen der Generation Z im digitalen Zeitalter" von 2022. "Führungsambitionen sind bei der Generation Z dementsprechend eher selten vorhanden. Genau wie Generation Y sieht sich Generation Z in Zukunft nicht in Führungspositionen (Franken, 2016; Scholz, 2014)."

Diese Einstellung stellt Unternehmen im Zusammenspiel mit dem demografischen Wandel vor ein Problem: den Führungskräftemangel. Ein möglicher Lösungsansatz, um Management-Funktionen auch in Zukunft mit qualifiziertem Personal besetzen zu können, bildet Führung in Teilzeit, hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer Studie herausgefunden. Was darunter zu verstehen ist, definieren Anja Karlshaus und Boris Kaehler in "Führen in Teilzeit: Zum Stand der Dinge in Theorie und Praxis":

Teilzeitführung bezeichnet ein Arbeitszeitmodell von Führungskräften im Sinne von Inhaberinnen und Inhabern dauerhafter Leitungspositionen, bei welchem die individuell vereinbarte Arbeitszeit geringer ist als die betrieblich vereinbarte Regelarbeitszeit von Führungskräften. Geleistete Überstunden - ob vergütet oder nicht vergütet - werden hierbei nicht berücksichtigt."

Führung in Teilzeit noch nicht etabliert

Doch die aktuellen Zahlen spiegeln deutlich wider, dass dieses Modell in deutschen Unternehmen nicht en vogue ist. Gerade einmal 13 Prozent der Führungskräfte arbeiten derzeit in Teilzeit-Jobs, hat das IW in der Studie "Führung in Teilzeit" ermittelt, für die 4.700 abhängig Beschäftigte zwischen 18 und 65 Jahren branchenübergreifend im Frühjahr 2023 befragt wurden. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 gingen rund 12,5 Millionen aller Erwerbstätigen in Deutschland einer Teilzeittätigkeit nach. Dies entspricht einem Anteil von 29,5 Prozent, hat das Statistische Bundesamt ermittelt.

Und es zeigen sich auch auf Führungsebene die typischen Geschlechterunterschiede bei Teilzeitbeschäftigungen, so das IW weiter. Während unter den weiblichen Führungskräften 25 Prozent in Teilzeit tätig waren, arbeiteten bei den männlichen Führungskräften gerade einmal 5,5 Prozent nicht in Vollzeit. Die Mehrheit der Führungskräfte mit Teilzeit-Vereinbarungen sei "vollzeitnah" mit mindestens 28 Wochenstunden beschäftigt, so das IW.

Dabei spiele auch die Art der Führungsposition eine Rolle. So arbeiten vor allem Frauen (28,2 Prozent) und Männer (9,4 Prozent) in der obersten Führungsetage in Teilzeit. Im mittleren Management kommen Parttimejobs demgegenüber am seltensten vor. Hier haben 20,6 Prozent der Frauen und 3,4 Prozent Männer ihre Arbeitsstunden reduziert. 

Zeitliche Beanspruchung bei Führungspositionen abschreckend

"Rund 55 Prozent aller Führungskräfte sind der Auffassung, dass, wer in ihrem Unternehmen aufsteigen möchte, auch außerhalb der Arbeitszeiten für berufliche Belange zur Verfügung stehen müsse", so das Institut. Teilzeit haftet also noch immer der Makel an, damit keinesfalls im Unternehmen Karriere machen zu können, betonen auch Karlshaus und Kaehler. "Weniger Arbeitsstunden und dafür mehr Zeit für die Familie oder eigene Projekte zu haben - das erfordert insbesondere auf Führungsebene immer noch Mut und bedeutet teilweise Karriereeinschnitte." 

Und laut der IW-Forscher schrecke insbesondere die zeitliche Beanspruchung Frauen ab, eine Führungsaufgabe zu übernehmen. "Die stärkeren Zeitkonflikte zwischen Beruf und Familie auf höheren betrieblichen Positionen sind ein möglicher Erklärungsgrund, warum Frauen deutlich seltener eine Karriere anstreben als Männer, sich seltener auf Führungspositionen bewerben und zumindest auf der obersten Führungsebene nach wie vor unterrepräsentiert sind", heißt es in der Kurzusammenfassung der Studienergebnisse.

Teilzeitführung zur Besetzung von Management-Posten

Das IW schlussfolgert daraus, mehr Führungspositionen in Teilzeit anzubieten, sei für Unternehmen ein guter Lösungsansatz, um Leitungsfunktionen langfristig überhaupt noch besetzen und vor allem Frauen dafür gewinnen zu können. Allerdings haben Unternehmen diesen Weg bislang noch nicht eingeschlagen, obwohl den Angaben zufolge jede zweite Firma Probleme hat, Management-Posten zu besetzen, ergebe der Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2023. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig die Vereinbarkeit für die Fach- und Führungskräftesicherung ist.

Führungskräftemangel durch Teilzeitangebote mildern

Zumindest auf Mitarbeiterebene können eigentlich nicht mehr von einem atypischen Arbeitszeitmodell die Rede sein, "sondern eher von einer auf rechtlichen Grundlagen basierenden, gesellschaftlich und unternehmerisch akzeptierten Selbstverständlichkeit", schreiben Karlshaus und Kaehler und bestätigen die Ergebnisse der IW-Studie: "Allerdings scheint sich dieses Selbstverständnis auf der Führungsebene nicht gleichermaßen durchzusetzen" - auch wenn der Anteil an Teilzeitführung im Zeitverlauf stetig zunehme, so Lena Hipp, Armin Sauermann und Stefan Stuth in "Führung in Teilzeit? - Eine empirische Analyse zur Verbreitung von Teilzeitarbeit unter Führungskräften in Deutschland und Europa."

So zeige die Europäische Arbeitskräftestichprobe (European Labor Force Survey/EU-LFS) folgenden Trend:

  • 2013 arbeiteten circa fünf Prozent der Führungskräfte in einem reduzierten Arbeitszeitmodell. 
  • 2014/2015 lag die Teilzeitführungsquote bei neun Prozent. 
  • 2019 kommt die Statistik sogar schon auf eine Quote in Höhe von 14 Prozent. Damit nimmt Deutschland allerdings im internationalen Vergleich lediglich einen Platz im oberen Mittelfeld ein.

Dieselbe Statistik belegt, dass in Deutschland 17 Prozent der männlichen und 13 Prozent der weiblichen Führungskräften gerne ihre Arbeitszeit reduzieren möchten. Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sei daher ein wichtiges Merkmal der Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterbindung, so das IW. "Eine gute, funktionierende Teilzeitführung ist auch für karriereorientierte Beschäftigte ein starkes Signal, dass der berufliche Aufstieg nicht an ein festes Arbeitszeitvolumen gekoppelt ist."

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Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

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Erwartungen und Arbeitsmotive der jungen Generation von Berufseinsteigenden angesichts eines von Fachkräftemangel geprägten Umfelds
Quelle:
Organisationale Machtbeziehungen im Wandel

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